Wenn Du den Markt für gebrauchte IT-Hardware vor zehn Jahren in einem Wort beschreiben müsstest, welches wäre das?
Alex: Chaotisch. Der Markt war damals noch sehr fragmentiert, das heißt es gab sehr viele kleinere Händler und deutlich weniger größere Anbieter als heute. Außerdem gab es so gut wie keine Standardisierung was Preise, Qualitätskriterien und Prozesse angeht.
Welche Faktoren haben den Markt darüber hinaus aus Deiner Sicht damals geprägt?
Alex: Refurbished Hardware hatte früher einen Ruf, der an gebrauchte Käufe auf eBay erinnerte: Man war unsicher, ob das Gerät wirklich funktioniert. Deshalb haben wir bei Green IT Solution schon damals eine Zehn-Jahres-Garantie auf gebrauchte Router und Switches gegeben. Ehrlich gesagt spielte der Umweltaspekt damals kaum eine Rolle für die Kunden. Deren Hauptargument war schlicht der Preis. Heute hat sich das gewandelt – Nachhaltigkeit ist gefühlt ein größeres Argument geworden. Aber Hand aufs Herz: Der Preis bleibt natürlich trotzdem mitentscheidend.
Dann hat der Markt also einen kompletten Imagewandel erlebt?
Alex: Ja, im Prinzip schon. Gebrauchte Geräte sind mittlerweile auf jeden Fall salonfähig. Eine ‚Gebraucht-Strategie‘ ist heute nicht nur akzeptiert, sondern etwas, worauf man stolz sein kann. Parallel zu diesem gesellschaftlichen Wandel hat sich aber auch der Markt immer weiter professionalisiert, was zusätzlich zu einer völlig anderen Akzeptanz von refurbished Hardware beiträgt. Relevant in diesem Zusammenhang ist beispielsweise die EU-Initiative ‚Right to Repair‘, die im Jahr 2024 in Kraft getreten ist. Denn damit gelten deutlich strengere Vorgaben für den Umgang mit elektronischem Abfall, was wiederum die Aufbereitung gebrauchter IT-Hardware fördert und zur kontinuierlichen Professionalisierung beiträgt
Mit Blick auf die hohen CO2-Emissionen, die bei der Herstellung neuer IT-Hardware entstehen, ist ein Umdenken in Richtung Kreislaufwirtschaft auch dringend notwendig. Schließlich entstehen ganze zwei Drittel der CO2-Emissionen allein bei der Rohstoffgewinnung, Herstellung und dem Transport.
Alex: Aus diesem Grund ist Refurbishment auch deutlich nachhaltiger als Recycling. Denn nur durch die professionelle Wiederaufbereitung von IT-Geräten schaffen wir es überhaupt, die Menge an IT-Neuware signifikant zu reduzieren. Hinzu kommt, dass zum Beispiel die globalen Lieferkettenprobleme und der Chipmangel dem Refurbished-Markt in den vergangenen Jahren einen zusätzlichen Auftrieb verliehen haben. Denn bei Lieferengpässen haben refurbished Geräte den klaren Vorteil, dass sie nicht erst produziert werden müssen. Ein gebrauchtes Gerät ist bereits funktionstüchtig vorhanden und muss nur noch von alten Daten befreit und gereinigt werden. Besonders für Firmen, die schnell und flexibel handeln müssen, können die kurzen Lieferzeiten von bereits vorhandenen wiederaufbereiteten IT-Produkten also ein echter Vorteil sein.
Können Unternehmen denn grundsätzlich sämtliche IT-Hardware-Produkte refurbishen lassen?
Alex: Ich will es so sagen: Auch, was dieses Thema angeht, hat sich der Markt massiv gewandelt. Noch vor einigen Jahren lag unser Fokus bei Green IT Solution zum Beispiel auf der Wiederaufbereitung von Netzwerk- und Servertechnik. Generell waren Server und Netzwerk-Hardware einst die Hauptumsatztreiber im Refurbishment-Markt. Diese Geräte waren nämlich besonders langlebig und hochpreisig. Und: Eine physische Server-Infrastruktur war für fast jedes Unternehmen unverzichtbar.
Das ist heute anders. Der Refurbishment-Markt für Server und Netzwerk-Hardware hat hier also deutlich an Bedeutung verloren, was auch wir in unserem Geschäft feststellen. Mittlerweile dominieren in der Branche heute vor allem Laptops und Mobile Devices und der Trend zum mobilen Arbeiten hat die Nachfrage nach dieser Art von IT-Geräten deutlich gesteigert. Besonders gefragt sind zum Beispiel Premium-Geräte wie MacBooks und hochwertige Business Laptops, die sich für Mitarbeitende aber wunderbar wieder aufbereiten lassen. Das schützt die Umwelt und spart Kosten in den Unternehmen.
Was waren rückblickend die größten Herausforderungen, mit denen Ihr Euch in den vergangenen Jahren konfrontiert gesehen habt, um dem Thema Refurbishment zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen?
Alex: Eine große Herausforderung war und ist es, den Unternehmen die Angst vor Datenverlust oder -diebstahl zu nehmen. Professionelles Refurbishment ist eine sichere und zuverlässige Wahl, um Daten zu löschen und die Geräte möglichst lange im Umlauf zu halten. Wir nehmen die Ängste unserer Kunden ernst und haben unseren gesamten Refurbishment-Prozess entsprechend auf maximale Sicherheit und Transparenz ausgelegt. Das fängt zum Beispiel schon bei der Abholung der IT-Hardware von unseren Kunden an. Wir arbeiten nämlich ausschließlich mit spezialisierten Logistikpartnern zusammen, die die Geräte fachgerecht abholen. Sämtliche Fahrzeuge sind dabei GPS-überwacht.
Ein echter Gamechanger für Vertrauen ist dabei unser Kundenportal SPECT. Es ist so etwas wie das Guckloch in unsere Produktion – und steht rund um die Uhr zur Verfügung. Unsere Kunden sehen dort nahezu in Echtzeit ihren gesamten Auftrag: vom Wareneingang über das Grading bis hin zur Vergütung. Komplexe Abläufe werden in einem interaktiven Dashboard verständlich visualisiert – inklusive Foto-Dokumentation, Schredder-Videos, Löschberichten und bald auch Umwelturkunden. SPECT zeigt: Wir haben nichts zu verbergen; und machen das auch technisch unmöglich. Jeder Prozessschritt ist nachvollziehbar dokumentiert. Dank revisionssicherer Lösch- und Vernichtungszertifikate sind unsere Kunden bestens für interne wie externe Audits vorbereitet.
Das Vernichten der Daten erfolgt u.a. mit der Software des Marktführers Blancco. So ist das Löschen der Daten sicher und die Geräte müssen nicht vernichtet werden. Jedes Unternehmen sollte sich an professionelle Refurbisher wenden, so können sie sicherstellen, dass ihre Daten zuverlässig vernichtet werden. Darüber hinaus gibt es spezielle Zertifikate, die die vollständige Löschung der Daten bestätigen. So können Kunden bei externen Überprüfungen nachweisen, dass sie sich fachgerecht um die Entsorgung der Geräte gekümmert haben.
Wie einfach oder schwierig war es, das Wachstum von Green IT Solution voranzutreiben?
Alex: Es gab in den vergangenen Jahren mehrere strategische Entscheidungen, die für unser Wachstum entscheidend waren. Ein wichtiger Meilenstein war zum Beispiel die Übernahme der Delit AG, die mit ihrer Expertise im Mobile- und Device-Remarketing und in der Datenlöschung unser Leistungsportfolio deutlich erweitert hat. Auch in Sachen Personal hat sich bei uns einiges getan: Während wir früher viel mit Partnern zusammengearbeitet haben, haben wir nach und nach ein eigenes Produktionsteam aufgebaut. Dazu mussten wir nicht nur neue Mitarbeitende finden und einarbeiten, sondern auch Teamleiter und Führungskräfte für die Koordination gewinnen.
Auf technologischer Seite haben wir stark in die Weiterentwicklung der bereits bei Delit vorhandenen Software investiert. Wir haben früh erkannt, dass Digitalisierung und Automatisierung entscheidende Wettbewerbsfaktoren sind, die nicht nur unsere Prozesseffizienz steigern, sondern uns auch durch mehr Transparenz eine Differenzierung im Markt ermöglichen. Gleichzeitig haben wir ein eigenes ISO-Team aufgebaut, was unseren hohen Stellenwert von Qualität und Standardisierung unterstreicht und das Vertrauen anspruchsvoller Enterprise-Kunden gewinnt.
Prozessseitig waren für uns vor allem die Implementierungen relevanter Qualitätsmanagement-Normen entscheidend; dazu zählen die ISO 9001, die ISO 27001 und die ISO 45001 sowie die EMAS-Validierung für den Standort Ellwangen. Die Zertifizierungen stehen für einen standardisierten Maßstab zur Sicherstellung des Qualitätsmanagements, den wir nicht nur einhalten, sondern übertreffen wollen. Dazu haben wir uns selbst sehr klare Regeln auferlegt und die notwendigen Strukturen aufgebaut. So verbinden wir Datensicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit mit erstklassigem Service – und geben alter Hardware ein sicheres Comeback.
Vielen Dank, Alex, für den interessanten Einblick!