Green Computing: Tipps zur Minimierung der Umweltbelastung im Alltag

Auch wenn das Thema Nachhaltigkeit aufgrund der durch das Corona-Virus ausgelösten weltweiten Krise vorübergehend in den Hintergrund getreten ist, kommen weder Unternehmen noch Privatanwender darum herum. Eine schonende Nutzung der Ressourcen, eine Senkung des Energieverbrauchs und der Schutz der Umwelt sind in der IT heute noch genauso wichtig wie vor der Pandemie. Aber was ist Green Computing eigentlich wirklich? Eine Begriffserklärung und Tipps für mehr Nachhaltigkeit in der Informationstechnik.

Steigender Energiebedarf in Rechenzentren und der TK

In einer gemeinsam erstellten Analyse des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) und des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit prognostizieren die Wissenschaftler bis zum Jahr 2025 zwar unterm Strich einen leicht zurückgehenden Energiebedarf in der gesamten IT. In den Bereichen Telekommunikation und Rechenzentren sieht es jedoch genau andersherum aus. Vor allem in Rechenzentren wird der Bedarf um rund 60 Prozent steigen. Dem stehen Einsparungen bei der Arbeits­platz-IT und der privaten Computernutzung gegenüber. Das aktuelle Jahr hat aber noch einmal alles verändert.

BU: Der Energieverbrauch in der IT nimmt von 2010 bis 2025 insgesamt ab, die Bereiche Telekommunikation und Rechenzentren legen aber deutlich zu. Quelle: IZM, Borderstep Institut

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist der Stromverbrauch im April und Mai 2020 zunächst in ganz Deutschland um über 10 Prozent gesunken. Das lag aber vor allem an einem Einbruch der Industrieproduktion um rund 23 Pro­zent im Vergleich zum Vorjahr. Auf der anderen Seite sei der Verbrauch an Internetknoten und in Rechenzentren deutlich gestiegen, da viele Menschen ihre Arbeit nun vom Homeoffice aus erledigen und dort vermehrt auf Cloud- und Streaming-Dienste zugreifen. Auch die Nutzung von Videokonferenzen hat stark zugenommen.

Green Computing betrifft uns alle, sowohl privat als auch am Arbeitsplatz

Beim Green Computing geht es aber nicht nur um die Energie, sondern auch um einen geringeren Materialverbrauch bei der Herstellung von Computern und Netzwerkgeräten. Von Bedeutung sind zudem eine Verringerung der Schadstoffe, ein nachhaltiges Design der Pro­dukte sowie ein umweltschonendes Recycling, aber auch gesunde und faire Arbeitsbedingungen für die IT-Nutzer.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurden mehrere Umweltzeichen wie Blauer Engel, Energy Star und TCO-Certified entwickelt, die energieeffiziente Geräte leichter erkennbar machen. Bei einem Computer muss dazu etwa nach einiger Zeit automatisch ein Standby-Modus aktiviert werden können, der die Prozessorleistung senkt und den Bildschirm sowie die Festplatte abschaltet.

Weitere Tipps zur Einsparung von Energie hat das Umweltbundesamt zusammengestellt. So empfiehlt die Behörde eine möglichst lange Nutzung von Rechnern. Außerdem sollte vor einem Neukauf geprüft werden, ob eine Reparatur oder ein Aufrüsten möglich ist. Auch der Erwerb eines gebrauchten Geräts sollte in Erwägung gezogen werden, da gerade die Herstellung neuer Computer mit einem hohen Ressourcenaufwand verbunden ist. Neue Geräte benötigen wertvolle Rohstoffe und Edelmetalle, deren Gewinnung für die Umwelt und oft auch für die Arbeiter sehr belastend ist.

Green-Computing in Unternehmen

Nicht nur private Verbraucher sind von Green Computing betroffen. Auch in Unternehmen spielt das Thema eine immer größere Rolle. Alleine in Deutschland gibt es mehrere Zehntausend Rechenzentren, die einen hohen Energieverbrauch haben. So benötigen etwa allein die Server in der Finanzmetropole Frankfurt rund 20 Prozent des gesamten Energiebedarfs der Stadt. Server und Netzwerkgeräte pro­duzieren aber auch sehr viel Abwärme, die bislang meist nicht genutzt wird. Es gibt jedoch immerhin erste Projekte, bei denen sie zum Beispiel zum Beheizen von Schwimmbädern verwendet wird.

Nach Berechnungen des Netzwerks energieeffizienter Rechenzentren (NeRZ) werden in Rechenzentren in Deutschland bislang etwa 13 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom in größtenteils ungenutzte Wärme umgewandelt. Besonders wichtig für den Schutz der Umwelt ist also die Wiederverwendung der in erheblichem Umfang entstehenden Abwärme. Aber auch eine Konsolidierung bei den Anwen­dungen und Servern senkt den Energieverbrauch. Manchmal genügen schon relativ einfache Maßnahmen, wie bei der Planung eines neuen Rechenzentrums auf örtliche Gegebenheiten und die vorherrschende Windrichtung zu achten. Dann können in den kälteren Monaten die Fenster auf zwei Seiten geöffnet werden, um für Durchzug und damit eine kostenlose Kühlung zu sorgen.

Die große Energieverschwendung

Das Lawrence Berkeley National Lab geht davon aus, dass nur 43 Prozent des Stromverbrauchs in Rechenzentren wirklich für den Betrieb der Server benötigt werden. Weitere 43 Prozent müssen für die Energieversorgung und die Kühlung aufgewendet werden. Der restliche Energiebedarf entfällt auf die Datenspeicher und den Betrieb der Netzwerke.

Einfache Lösungen zur Minimierung der Umweltbelastung

Kühlung ist wichtig, aber es muss nicht immer eiskalt im Server-Raum sein. Die American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE) rät mittlerweile zu einem Temperaturbereich, der zwischen 18 und 27 Grad Celsius liegt. Letztlich lassen sich mit höheren Temperaturen Kosten einsparen. Das gilt umso mehr bei einem Einsatz moderner Hardware, die teilweise auch noch bei 45 Grad Celsius betrieben werden kann.

Weitere Möglichkeiten bestehen, wenn beim Neukauf besonders auf die Energieeffizienz der Geräte geachtet wird. Bei oft vergleichbaren Anschaffungskosten lässt sich so der Verbrauch ebenfalls senken. Eine Zentralisierung der IT auf einige wenige Rechenzentren mit be­sonders leistungsfähigen und für Virtualisierung geeigneten Maschinen, auf denen dann virtuelle Server und Anwendungen sowie Container laufen, hilft ebenfalls die Zahl der echten Server und damit die Energiekosten zu reduzieren.

Einen simplen, aber effizienten Tipp hat zuletzt noch das Borderstep Institut in petto: Wenn die tatsächlichen Stromkosten „ver­ursacher­gerecht“ den einzelnen Abteilungen zugewiesen werden, führe dies automatisch zu einem sparsameren Verhalten der Beteiligten.


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